Freitag, 22. Juni 2012

Im Yellowstone National Park


19.06.12

Wir folgen dem Jefferson-River zu der Höhle, in der Lewis und Clark den ersten Winter verbrachten. Auf dem River paddeln Leute und machen uns ein wenig neidisch. Die Landschaft ähnelt stark Flusstälern im Balkan. Wir nehmen an der Führung teil, Lewis und Clark stehen dabei gar nicht im Vordergrund, sondern es ist eine riesige Tropfsteinhöhle, die ca. 150 Höhenmeter auf zum Teil sehr abenteuerlichen, engen und steilen Pfaden nach unten durchstiegen wird. Wir hatten zwar mehr Geschichte erwartet, haben den Ausflug aber nicht bereut. Höhlen mit solch engen Wegen  und steilen Treppen würden in Deutschland nie für den Publikumsverkehr freigegeben.
In Three Forks beginnt der Missouri, gebildet aus dem Gallatin, dem Madison und dem Jefferson River, wir fahren weiter in Richtung Yellowstone Nordeingang. Der erste Campground der Parkverwaltung (es gibt auch private im Park) hat einen Platz frei und man klärt uns auf, dass man die Campgrounds der Parkverwaltung nicht reservieren kann, es herrscht „first come, first serve“. Wir spazieren nach dem Abendessen noch zu den darüber liegenden Hotels die Straße entlang, der Trail durch den Busch ist wegen Bärengefahr gesperrt.

20.06.12

Die Nacht war kurz, denn schon beim Morgengrauen kommen die ersten in den Park und der Platz liegt direkt in einer Spitzkehre. Wir machen uns auf zum Norris-Campground, um uns dort einen Platz zu ergattern, was auch gelingt. Die besten Plätze sind natürlich belegt, aber was soll es, wir haben einen und belegen ihn für zwei Tage. Wir stellen einen Stuhl auf den Platz als Hinweis, der Platz belegt ist und fahren nun in Richtung Süden zu den diversen Geysir-Feldern, endend beim Old Faithfull. Ich erspare mir die Beschreibung der einzelnen Felder, die Bilder sprechen für sich. Irmi muss einmal abbrechen, der Schwefeldampf macht ihr zu schaffen. Keiner der berühmten Geysire tut uns den gefallen, auszubrechen. Auch Old Steamboat nicht, der seit Jahrzehnten ruht. An manchen Stellen tritt überhaupt kein Wasser oder Dampf mehr aus, geologische Verschiebungen durch Erdbeben sind die Ursache dafür.
Eines ist jedoch erwähnenswert, das Norris-Feld liet über einem Supervulkan, wenn der ausbricht und irgendwann wird er ausbrechen, dann werden die Karten der Evolution neu gemischt und verteilt. Es steht zu befürchten, dass der Spezies Mensch keine Karte bekommt.
Leider sind die Badestellen am Firepot-River gesperrt, dort mischt sich das kühle Flusswasser mit heißen Quellen und das hätten wir gerne ausprobiert. Kurz danach machen wir am River Kaffeepause und kommen mit einem angelnden Ehepaar ins Gespräch. Meine Frage, ob man denn den Schwefel in den Forellen schmecke, hören wir erstaunt die Antwort, das wisse man nicht. Die geangelten Forellen dürfen nicht mitgenommen werden, alle müssen wieder in den Fluss geworfen werden. Ich finde, ein doofer Sport, angeln des Angelns Willen, ohne Beute! Sie fahren einen VW Touareg und haben dahinter einen kleinen, amerikanischen Edel-Wohnwagen vom Hersteller Airstream. Erstaunt stellen wir fest, das Design der Innenausstattung gefällt auch uns und wir sind uns einig, die typischen amerikanischen Wohnmobile, Trailer etc. mit dem Gelsenkirchener Barock innen sind untragbar. Sympathische Menschen.
Dann Old Faithfull! Riesige Parkplätze, trotzdem fast voll, und das mitten in der Woche und es ist noch nicht Saison. Ein Alptraum für den amerikanischen Wohnmobilfahrer, der leicht auf 20m Länge kommt, wenn er auch noch seinen Jeep hinterher schleppt.
Wir besichtigen die wirklich sehenswerte Lobby der Lodge, essen ein riesiges, gutes und sehr preiswertes Eis und begeben uns dann zusammen mit Heerscharen von Touristen zum Schauplatz des Geschehens. Und er ist fast pünktlich, faithfull halt. Wirklich imponierend, wie das heiße Wasser fauchend und dampfend bis zu 55 Meter hoch in den Himmel schießt.
Während wir warten, lernen wir ein brasilianisches Ehepaar kennen, das aus Brasilien über die Westküste Südamerikas bis hier her gekommen ist, dann weiter nach Alaska will, um schließlich über die Ostküste Kanadas, der USA und Südamerikas wieder nach Brasilien zu fahren. Wir nutzen die kurze Zeit, um Tipps auszutauschen und natürlich die Email-Adressen.
Neben Irmi sitzt ein netter US-Amerikaner unseres Alters, er kennt aus seiner Army-Zeit Deutschland gut und schwärmt von der guten Bratwurst und natürlich dem Bier und dem Wein. Er ist mit seinen Enkeln unterwegs, denn amerikanische Kinder haben Sommerferien von Mitte Juni bis Mitte September, erzählt er uns! Was tun Eltern, die selbst meist nur zwei Wochen Urlaub haben, mit ihren Kindern den ganzen  Sommer? Komisches Schulsystem.
Auf dem Rückweg zum Camp gibt es zweimal richtige Staus, denn es sind Bison „on duty“, wie wir in der Zwischenzeit sagen, „diensthabend“ für die Touristen am Wegesrand. Wir, die wir Bisons in Massen im Norden gesehen haben, bleiben natürlich nicht stehen.
Am Campground bereitet es uns einige Mühe, das Auto gerade zu stellen auf dem schiefen Platz. Aber es gelingt, auch, wenn er vorne nun so hoch steht, dass ich kaum noch aus oder in das Fahrerhaus komme.

21.06.12

Es liegt Reif auf den Zelten, als ich um sieben Uhr aus dem Fenster schaue, aber es scheint die Sonne. Immerhin liegt der Campingplatz 2200m hoch, das macht sich bemerkbar bei den Temperaturen. Bei der Vegetation interessanterweise nicht, die Baumgrenze liegt hier deutlich höher als in den Alpen, warum, ist mir unbekannt. Wir stehen mitten im Wald  unter hohen Kiefern. Auf dieser Höhe wachsen in den Alpen noch nicht einmal mehr Latschen.
Wir wollen heute wieder in den Süden des Parks, aber auf der östlichen Route, um dann ggf. Old Faithfull noch einmal zu besuchen. Den ursprünglichen Plan, die Tour mit dem Moped zu machen geben wir auf, ohne richtige Motorradkleidung ist es einfach zu kalt.
Erst besichtigen wir den grandiosen Canyon des Yellowstone River und dann fahren wir doch nach Norden und wandern auf den 3122m hohen Washburn, allerdings starten wir bei 2700m. Wir sind dann doch nicht bis ganz hoch, kurz vor dem Gipfel gibt es einen schönen Aussichtspunkt, dort haben wir es gut sein lassen. Die Bäume wachsen im Übrigen bis kurz vor dem Gipfel.
Die östliche Seite ist die hat die grandioseren Landschaften, die dazu noch ständig wechseln, wir sind begeistert. Und Bisons in Massen. Old Faithfull bläst gerade, als wir auf den Parkplatz fahren, weitere 75min wollen wir nicht warten und fahren weiter in Richtung Camp. Eine Büffelherde auf der Straße bringt den Verkehr zum Erliegen, zum ersten Male sehen wir ganz junge Kälber, sie sind eher Ocker als Braun.
Am Campground angekommen fülle ich am Sanitärgebäude das Wasser nach und übersehe dabei einen Büffel, der nur 20 Meter von uns entfernt liegt und genüsslich wiederkäut. Dann suhlt es sich noch ein wenig im Sand und begibt sich dann gemächlich fressend langsam von dannen. Er sei öfter hier, meint eine Rangerin.

Mit zwei Hilfsrangern habe ich noch einen Disput, wir hatten in unserer Abwesenheit den Grill auf dem Platz stehen lassen, wohlgemerkt nur das Gehäuse, in dem die Holzkohle glühte, und die war vollständig verbrannt. Der zöge Bären an!
Man hat mich angemotzt und mit Zettel verwarnt, das sei verboten laut Regel. Mein Einwand, der eigentliche Grillrost sei ja im Auto gewesen, wird nicht akzeptiert. Die Frage, was mit den fettigen Rosten über den Campfiren sei, wurde ignoriert.
Der Abend ist mild, obwohl wir auf 2200m stehen, also kaufe ich Firewood. Zurück am Platz brechen unsere Nachbarn überraschend ihr Zelt ab und überlassen uns einen großen Stapel Firewood, jetzt sind wir gut versorgt.

Bis ca. 23 Uhr sitzen wir am Campfire, nur die Mücken stören ein wenig
Noch ein paar Anmerkungen zum Park. Wer gewaltige Landschaften ohne Ende sucht, ist in Yellowstone fehl am Platz. Wer Ruhe sucht, ebenso. Yellowstone lebt von seinen Geysiren und die wollen viele sehen. Es wälzen sich also von dust bis dawn (Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang) Unmengen von Motorrädern, Autos, Wohnmobilen und Bussen durch die wenigen, zum Teil engen Straßen.  Und leise sind die meist von alten Männern gefahren Motorräder, Trucks und Jeeps nicht, sie kompensieren wahrscheinlich wie in Kanada auch ihre fortschreitende Impotenz und Inkontinenz mit immer dickeren und lauteren Auspuffs an ihren Harleys und Goldwings, RAMs und Jeeps. 

Volle Campingplätze, Hotels, die ein Jahr im Voraus nahezu ausgebucht sind und knapper Parkraum, das ist auch Yellowstone. 
Trotzdem fasziniert der Park mit seiner Vielfalt an Landschaften, die von lieblich (z.B. am Oberlauf des Yellowstone River über grandios (der Canyon des Yellowstone) bis bizarr (das große Norris Geysir-Feld und wir empfehlen jeden, mindestens zwei Tage einzuplanen, Mittwoch und Donnerstag sind die ruhigsten Tage.