Sonntag, 19. Mai 2013

Havanna



16.05.2013

Wir fahren erst einmal zu einem Reisebüro in Cancún und besorgen uns die Touristenkarte, die zur Einreise unbedingt erforderlich und an der Grenze nicht erhältlich ist. Kosten $20 pro Person. Am Flughafen ist der Schalter drei Stunden vor Abflug schon auf und jede Menge Menschen davor. Und die haben Gepäck dabei, dass bei uns der Eindruck entsteht, wir fliegen mit einer Frachtmaschine. Fernseher, PCs, Küchenutensilien, Klamotten, alles wird in großer Schüttung nach Havanna geschleppt. Nach einer halben Stunde sind wir durch und dann heißt es warten, wie immer beim Fliegen. Vor dem Betreten der Maschine beschnüffeln Drogenhunde alle Passagiere, eine Tortur für die Hundeliebhaberin Irmi.

Die Maschine, eine gepflegte A320 landet pünktlich in Havanna und die Einreise ist problemlos, wenn auch langwierig. Ich stehe mindestens 5min vor der Dame, die irgendetwas in den Computer klopft, nachdem sie ein Bild von mir gemacht hat. Dann werde ich wieder zurück geschickt, wieder gerufen, wieder ein Bild und dann bin ich durch. Nach einer Adresse in Kuba oder nach einer Krankenversicherung hat sie mich nicht gefragt, sie hat eh kaum geredet mit mir.

Es dauert, bis wir unser Gepäck haben, die vielen Fernseher, PCs und sonstigen Dinge ziehen an uns vorbei, aber nicht unsere Tasche. Ein Deutscher, der mit einer Kubanerin verheiratet ist, erklärt uns, dass all diese Waren trotz Flug und Zoll in Mexiko viel billiger seien als in Kuba. Dort bekäme man jetzt alles, aber sehr teuer. So reist jeder, der genügend CUC hat, die konvertierbare kubanische Währung, nach Mexiko oder USA und kauft ein. Der einfache Arbeiter hat aber keinen CUC, er wird in den alten Pesos bezahlt, mit denen er nur noch in den staatlichen Läden die Grundnahrungsmittel kaufen kann, eine ungute Situation.

Als wir zum Taxi laufen, regnet es. Die Fahrt kostet 25CUC, ein CUC ist 1US-$, für die Strecke angemessen.

Im Hotel ist man überrascht, dass wir ein Voucher haben und bringt uns erst einmal in einem Hotel einen Block weiter unter, morgen hätte man ein Zimmer. Das Hotel ist in Ordnung, wenn auch nicht ganz so gut wie das gebuchte. Neben dem Hotel ist ein Restaurant, sieht ganz gut aus und der Aufreißer ist ein netter Kerl. Irmi geht es nicht so gut, also bleiben wir. Das Essen ist mies, sozialistisches Kantinenniveau. Auf dem Niveau kann man in Deutschland billiger essen, ein glatter Reinfall.


17.05.2013

Nach dem guten Frühstück, geschnittenes Obst, Toast, Eier, Toast, Saft  und Kaffee gehen wir in das „richtige“ Hotel, geben das Gepäck ab und ziehen los in die Altstadt. In einer Buchhandlung erstehen wir einen Reiseführer samt Stadtplan, also sind wir bestens gerüstet.

Ich möchte hier jetzt nicht chronologisch die Besichtigungstour beschreiben, sondern aufzeigen, was uns auffällt an Kuba und Havanna.

Zuerst einmal, es ist überraschend sauber auf den Straßen, überall stehen Mülltonnen und Abfallkörbe und diese werden auch genutzt, da können sich die Mexikaner ein Beispiel daran nehmen. Die Autos auf den Straßen sind zwar sehr oft alt bis sehr alt, zum Teil aus den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, aber man pflegt sie, so gut es geht. Das gilt auch für die Busse und LKW. Fahrende Schrotthaufen haben wir hier keine gesehen. Das Straßenbild wird, wie nicht anders erwartet, beherrscht von den alten, amerikanischen Straßenkreuzern aus den Fünfzigern, in denen aber meist ein Dieselmotor werkelt und qualmt, angeblich russischer Produktion. Der Erhaltungszustand, insbesondere der Cabriolets ist erstaunlich angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel. Und natürlich von den Fahrradtaxis und den Dreiradtaxis.

Die Vielfalt der Menschen begeistert uns, von hellhäutig, klein, blond bis hin zu tiefschwarz und sehr groß, alle sind vertreten sowie die entsprechenden Mischungen.

Havanna war vor der  Revolution wohl eine der schönsten Städte der Welt, jedes Haus ein Kunstwerk. Das ist heute noch zu sehen, auch, wenn der Verfall dramatisch ist. Es wird zwar sehr viel renoviert, die UNO pumpt Unmengen Geld dazu nach Kuba, aber ob das den Verfall komplett aufhalten kann, wir hoffen aber bezweifeln es. Es wird zwar überall gebaut und das unter Einsatz moderner Maschinen, nicht wie in Mexiko mit der Hand, aber es ist eine Herkulesaufgabe. Wir haben ja schon viel verfallene Häuser in der DDR gesehen, aber diese waren meist unbewohnt. In Havanna sind sie vollgestopft mit Menschen, die in Verhältnissen wohnen, die wir uns nicht vorstellen konnten. In die oft 5m hohen Zimmer hat man einfach Zwischendecken eingezogen, jede Familie hat meist nur ein Zimmer. Was der Sozialismus hier angerichtet hat mit den Menschen und dem Land, was war und ist daran sozial, fragen wir uns und das würden wir auch gerne die Verantwortlichen fragen. Die haben ja so nicht gewohnt und tun es auch heute nicht.

Trotzdem haben wir den Eindruck, die Menschen kommen miteinander aus, in Deutschland würde es bei solchen Verhältnissen wahrscheinlich Mord und Totschlag geben.  
Die Menschen sind sehr freundlich, man grüßt uns, jedes Lächeln wird mit einem offenen Lächeln und oft einem Gruß beantwortet, wir fühlen uns sehr wohl hier.

Bei unserer Tour finden wir Geldautomaten, sehen Einheimische mit Mobiltelefonen telefonieren und spielen, auch das ist in Kuba angekommen. Nur Internet, das ist Mangelware, unser Versuch am Abend in einem der beiden Wifi-Punkten der Stadt scheitert, wahrscheinlich wegen Netzüberlastung.

Die vielen Kunstmuseen sind alle kostenfrei, das Museum der sozialistischen Revolution hingegen kostet Eintritt, das muss man nicht verstehen. Kunst ist auch im Straßenbild vorhanden, in richtiger Form, nicht in der allerseits bekannten sozialistischen Form.

Auch die riesigen Parolen an den Wänden gibt es nicht, ebenso wenig wie Wandbilder von Marx oder Fidel, sehr angenehm für das Auge.

Am Nachmittag setzen wir uns am alten Platz in eine Hausbrauerei, die mit österreichischer Technik und Know how ein gutes Bier braut zu einem erstaunlich günstigen Preis, 2CUC für 0,4ltr. Wir genießen kubanische Livemusik  und staunen, wie selbst steinalte, zahnlose Kubanerinnen, die am Rande außerhalb stehen, mittanzen. Hier haben offensichtlich alle Musik und den karibischen Rhythmus im Blut. Harald, ein Deutscher, mit dem wir am Tisch sitzen, empfiehlt uns ein Lokal für den Abend, er war schon öfters hier und kennt sich wohl gut aus.

Wir folgen der Empfehlung in das Café del Oriente an der Plaza del San Franzisco und landen im wahrscheinlich besten Lokal der Stadt. Wo sonst würde AUDI seine chinesischen Topkunden aufwendig bewirten?  Viele Chinesen, überwiegend in Businesskleidung, junge Betreuer mit AUDI-Schildern in der Hand lassen uns das schließen.

Der Service ist bestens, das Essen auch und die Preise, na ja, wir verzichten auf den Wein, wir haben nicht mehr genügend CUC und die Kreditkarten liegen im Hotelsafe. Wir dachten, hier kann man eh nichts damit anfangen, aber das war einmal. In USA, Kanada oder Deutschland würden wir in einem vergleichbaren Restaurant doch einiges mehr hinlegen, nicht jedoch beim Wein.

Harald taucht in kubanischer Begleitung auch auf, wir bedanken uns für den Tipp. Zwischenzeitlich regnet es, wir brauchen einen Schirm, um in das benachbarte Hotel zum Internet zu kommen, ohne Erfolg, siehe oben.

Der Rückweg zu unserem Hotel ist ein wenig schwierig, die Straßenbeleuchtung ist doch recht spärlich. Und die vielen Taxis, die uns tagsüber schon genervt haben mit ihrem ständigen Geschrei „Taxi?“ sind alle weg!

    
18.05.2013

Ein Taxi bringt uns für 5CUC durch den Tunnel zur Festung. Die Kassiererin ist noch nicht da, man lässt uns trotzdem ein, Bezahlen beim Verlassen erklärt man uns. Mit Leuchtturm kostet es 8CUC je Nase, es lohnt nicht. Die nebenan liegende Festung kostet wieder 6CUC und der Eintritt in Ches Haus nebenan ebenso 6CUC, die spinnen. So käme ein Besuch aller drei Dinge samt Taxi 50CUC, das kann doch wahr sein, oder? Ein Ticket für alle drei Dinge für 10CUC wäre schon an der Schmerzgrenze.  Unterhalb der 25m hohen Jesusstatue aus Carraramarmor entdecken wir das Boot, das uns für einenCUC zur Altstadt bringt, im Hotel hieß es, es gibt kein Boot auf die andere Seite.

Der Weg zur Uferstraße Malecon führt an der Brauerei vorbei, wir können nicht widerstehen und genehmigen uns zwei Bier, jeder. AM Malecon badet die Jugend an der Felsküste im kristallklaren Wasser, manche springen in den Klamotten ins Wasser, sie trocknen ja schnell wieder am Körper in Wind und Sonne. Außerhalb der Touristenpfade gehen wir durch das eigentliche Zentrum, hier stehen weit mehr verfallene Häuser als in der Altstadt, aber hier greift kein Weltkulturerbeprogramm der UNO, ob das jemals in Angriff genommen wird?

Die Reise beenden wir erst im Oriente und dann in der Brauerei, es ist Samstag und die Straßen und Plätze sind voll Menschen, Musik und Lärm. Ruhig wird die Nacht nicht werden.


19.05.2013

Ein Taxi bringt uns zum Flughafen, der Taxifahrer ist ein dunkelhäutiger, negroider Riese, der ausgesprochen gut Englisch spricht. Über sie Zukunft Kubas befragt sieht er die Dinge düster. Man habe in über 50 Jahre Sozialismus nicht zustande gebracht, immer wieder jemanden gefunden, der das Land alimentiert hat, nun ist der letzte, Chavez gestorben und es gibt keine Ideen, wie man das Land nach vorne bringt. Es gäbe tiefe Armut und auch Hunger im Land und er fürchtet, es wird schlimmer und fürchtet Zustände wie in Russland.

Wir hoffen, er hat nicht recht mit seiner Prognose. Aber natürlich sahen wir den sozialistischen Schlendrian an allen Stellen und Menschen, die lieber plaudern als ein Werkzeug in die Hand nehmen und anpacken. Im Hotel ist das Bidet völlig unbefestigt, steht einfach nur da, nicht daran stoßen. Die Armatur ist auch nur eingesteckt, nicht festgeschraubt. Beim Frühstück räumt man zwar meinen gebrauchten Teller weg, bringt aber keinen neuen. Im Flughafen sind alle Urinale am Überlaufen, um nur einige Beispiel zu nennen.

Wir zahlen noch die 25CUC Flughafengebühren, lassen die Ausreiseprozedur über uns ergehen, wieder mit viel Tippen in den Computer, Bild machen und etlichen Stempeln, dann sitzen wir in der heißen Wartehalle, die Klimaanlage senkt die Temperatur nur geringfügig.

Das Resümee der Reise ist, wer nur Havanna sehen will, kommt mit den zwei Tagen gut aus, maximal drei, wenn man noch an die Sandstrände will. Billig oder preiswert ist Kuba nicht für den Individualreisenden, wenn man ein wenig Komfort und Qualität haben möchte, aber wer neugierig ist, noch das alte Kuba zu sehen, sollte schnell kommen!


Die Einreise nach Mexiko ist entspannt und von Martin samt Klein Martin werden wir am Flughafen abgeholt zu einem ungemein entspannten und schönen Nachmittag, Danke an Euch, Paula und Martin!